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Platzbelegung über 100%!

Uwe Warrach zum 21. Preetzer Papiertheatertreffen

„Ausverkauft!“ hieß es schon wenige Stunden, nachdem der Kartenvorverkauf begonnen hatte. Enttäuschte Stimmen an der Kasse: „Und was machen wir jetzt?“ Tja, wat den een sin Uhl … Die Nachtigall jedenfalls war in jeder Hinsicht auf Seiten der Akteure. Einige wurden sogar Opfer ihres Erfolgs. Angesichts des gerammelt vollen Theaterraums fingen sie schon vor der angesetzten Zeit an, hofften paradoxerweise, „dass nun keiner mehr kommt“. Entsprechend überpünktlich lag andächtiges Lauschen über den virtuellen Reisen zum Mittelpunkt der Erde, unter dem Meer, im Bett, durch nächtliche Straßen, übers Kuckucksnest und so weiter …

Jim und Jonna – Abenteuer unter der Bettdecke

Hier wird, bevor es los geht, erst einmal kräftig gesungen- vom Publikum, im Kanon, dirigiert von Marianne Castegren mit ihrem Teater Buffa aus Schweden. Dann erzählt sie uns auf ihrer Bühne eine Geschichte aus dem Kinderalltag. Jim wird von anderen Kindern gepiesackt, seine Freundin Jonna möchte ihm helfen, traut sich aber nicht und verkriecht sich, vom Schlechten Gewissen geplagt, im Bett. Da die Kinder noch im „magischen Alter“ sind, geschehen zwischen Bettdecke und Matratze Dinge, von denen sich unsere Erwachsenenweisheit nichts träumen lässt. Totales Theater wird hier gespielt, damit die Abenteuer in den Federn ebenso überstanden werden wie die konkrete Lage draußen. Marianne Castegren musiziert, spricht, lässt eine Handpuppe agieren und bedient die Bühne mit Kulissen und Figurinen.
Fünf Kinder in der ersten Reihe sind ebenso gebannt wie die mehrheitlichen Erwachsenen. Zweifelnd erkundigt sich eins von ihnen, als der Vorhang fällt: „Geht es nicht weiter?“ Nein, aber auch ich hätte es noch gern auf der harten Tischplatte in der letzten Reihe ausgehalten.

20.000 Meilen unter’m Meer – Imponierendes Unterwasserkino

Was Olaf Christensen da mit seinem Hamburger Altpapier aufstellt, ist perfekt wie gutes Kino, in Bild und Ton. Zwar erfordert es längere Umbaupausen, für die er schon im voraus um Nachsicht bittet, aber die Bilder haben es dafür auch in sich: die stürmische See, die Unterwasserszenen mit der gespenstischen „Nautilus“, dem U-Boot des ebenso genialen wie wahnsinnigen Kapitäns Nemo. Nebenbei lässt „Das Boot“ musikalisch grüßen. Die Gelassenheit, mit der die Schiffbrüchigen ihre kritische Lage bewerten, überrascht etwas, kann aber auch trocken wie britischer Humor genossen werden, es ist ja ansonsten nass genug auf der Bühne.

Der kleine HÄwelmann – Kleiner Kerl auf grosser Reise

Die Hanauer Helmut Wurz, Terence Adams und Annegret Garrecht spielen eine der berühmtesten Gutenachtgeschichten nicht nur kindgerecht, sondern auch bühnenperfekt. Der kleine Junge in schlafloser Nacht, der sein Hemdchen als Segel setzt und zum Erschrecken des Mondes in seinem Rollenbettchen erst die Wände hinauf und hinunter kutschiert, dann die Fahrt durch die schlafende Stadt antritt, in den Wald und den Sternenhimmel, sind stimmungsvoll und liebenswert gestaltet. Sehr passend dazu die Stimmen der Erzähler, voran unverkennbar Hans Paetsch. Auch hier wieder am Ende ein kleiner Zuschauer, besorgt: „Ist jetzt Schluss?“

Mackuse fliegt Übers Kuckucksnest – Ein krankes Hirn stellt sich vor

Endlich mal eine Bühne, die jeder sehen kann, auch wer hinten sitzt. Kulissen, Figuren, Ton und Sprache, wie immer beim Theater der urbanen Kriminalität, meisterhaft in der Idee, der Ausführung und der Technik. Ein expressionistisches Gruselstück, das Assoziationen an all die Schrecken auslöst, die unsere Welt beherrschen oder zu beherrschen drohen: Lust am sinnlosen Töten und Zerstören, perverse Triebe, Hass auf Frauen - nichts ist so niederträchtig, als dass Mackuse es nicht erträumen und besingen könnte. Gut, dass das alles nur in seinem kranken Hirn stattfindet, mitsamt dem er in eine Anstalt gesperrt ist. Noch? Spürbar auseinander gingen beim Publikum Begeisterung und Beklommenheit über dieses böse, bissige und sarkastische Werk, das keine Gnade mehr kennt. Ich gestehe, dass ich zu den letzteren gehöre, vernahm aber ebenso viele begeisterte Stimmen.

Peter und der Wolf – Neu: mit happy end

Niemals sah ich einen so blitzschnellen Umbau. Das mag als Nebensache erscheinen, aber es beeindruckt den Papiertheaterspieler nun mal und spiegelt die unglaubliche Perfektion des Wiener Papiertheaters wider. Obwohl Computer gesteuert und mit allen Mitteln moderner Beleuchtung, Vernebelung und Feuerwerken ausgestattet, wirken Bilder und Spiel lyrisch und lebendig. Sehr schön ausgewählt auch die Erzählerin Romy Schneider. Reizvolle Variante: Der Wolf überlebt nicht nur, er muss auch nicht in den Zoo, sondern darf in den Zirkus, und so erscheint er in der (fix gezauberten) Schlussszene als Artist bei lustiger Jahrmarktmusik. Drei Vorhänge und eine Zugabe!

 

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