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13. Preetzer Papiertheatertreffen

aus: Suffløren, Oktober 2000

Man hat immer eine gewisse Erwartung an ein jährlich wiederkehrendes Treffen, das ein bahnbrechender Sammelpunkt für Papiertheaterspieler, Zuschauer und Interessierte ist. Es gibt immer den einen oder anderen Grund um Gefallen an dem nostalgischen Hobby zu finden, sei es das Papier, das Licht, die Farbe, das Spiel und jeder auf seine Art. Ich erinnere mich an die ersten Jahre, wir spielten nach der guten alten Art.
Die Figuren wurden mit den üblichen Figurenführern geführt, oder mit Drähten von oben, die deutsche Methode, man wechselte die Kulissen, heftig schwankend, damit die Pause nicht zu lang wurden, und stürzte sich in das Abenteuer einer neue Szene, so wie man es früher machte. Hinter dem Vorhang registrierte man die Reaktion des Publikums oder auch nicht, kurz gesagt, man spielte Papiertheater wie es schon unsere Eltern, Großeltern und Urgroßeltern taten.
Aber was ist geschehen, jeder spielt Papiertheater auf seine eigene Art. Aber immer bleibt es Papiertheater, Modelltheater, Puppentheater oder wie immer man es nennen mag,

Nun im September trifft sich das Papiertheatervolk aus ganz Europa im gemütlichen Preetz/Holstein, wo Dirk Reimers in Zusammenarbeit mit Jürgen Schiedeck von der Volkshochschule Preetz mit ihrer unermüdlichen Energie das jährliche Papiertheatertreffen präsentieren – nun das 13. Mal. Einige ließen die Vorhänge fallen und haben direkten Kontakt mit dem Publikum. Einige sprechen live und singen sogar, wieder andere übernehmen eine Rolle und spielen mit dem Papiertheater. Neu, interessant und nicht gerade traditionell.

In den vergangenen Jahren waren es interessante Papiertheatertreffen, es wurden andere Arten des Papiertheaterspielens präsentiert, so dass man selber Neues versuchen konnte. Ein ständig ansteigender Strom Papiertheater aus ganz Europa, sogar aus den USA und Südafrika reist nach Preetz, um zu zeigen, wie man Papiertheater spielt.
Das Ganze wird zwar Papiertheatertreffen genannt, aber mit den Jahren hat sich gezeigt, dass das Papier nicht das einzig gemeinsame bei den Theatern ist, alles anders ist die vielseitige Interpretation mit dem Papier und der Möglichkeit mit den kleinen Bühnen. Wie war der Stand in diesem Jahr? Gab es etwas Neues? Ja und nein! Selbst beim Experimentiert und dem Versuch mit alternativen Ausdrucksformen, kann man sagen, einige gehen gern »back to the basis« . Eigentlich sehr zufriedenstellend.

So wie zum Beispiel Carl-Hellriegel-Nachfahren mit den Deutschen Balladen, Kungsbacka Mini Teater mit »Ronja Räubertochter« und Don Govanni und Co mit »Die Zahnfee«. Ein großes Lob für Ab Vissers, er spielte traditionell »Der Schweinehirt« allein, live und sehr professionell. Bei früherer Gelegenheit habe ich bereits darauf hingewiesen, dass Ab Vissers noch viele klassische dänische Papiertheaterstücke aufführt. Hier beweist der tüchtige Holländer, dass man mit dem traditionellen Papiertheaterspiel das Publikum verzaubern kann, nicht eine einzige Minute war zuviel. Mitten in dem unendlichen Strom der neuen und andersartigen Papiertheatern, freut man sich, wie er kompetent und charmant die alte Tradition aufrecht erhält.

Ebenfalls herausragend war der Engländer Peter Baldwin mit “Allein im Piraten Lager”, ein traditioneller englischer Klassiker, so lebendig und lustig, so dass das Publikum sich nicht immer das Lachen verkneifen konnte. Englisches Papiertheater ist speziell und kann eigentlich nur von einem Engländer gespielt werden, der es mit der Muttermilch aufgenommen hat. Peter Baldwin hat es und er kann es.

Auch Robert Poulter prÄsentierte seine Version des englischen Papiertheaters. In seinem atemberaubenden Tempo zeigt er die neue Auslegung des englischen Papiertheaters, wie es seit ca. 200 Jahren bekannt ist, und man kann es als ”still going strong” bezeichnen.
Aus Deutschland waren das bekannte Papiertheater Loose mit einer interessanten Aufführung Macbeth, Papiertheater Invisius mit einem spannenden Dracula – und Papiertheater Pollidor mit „Die Blutkur“, einer Vampirerzählung neueren Datums, vertreten.
Aus Holland traten auf Poppentheater H. Kuipers mit »Fanta Giro mit den schönen Augen«, aus Frankreich Companie Garin Trousseboeuf mit der absolut kleinsten Ausgabe von „Les Misérables“ ( mit dem kleinsten Programm der Welt: ca. 6x10 mm) und dem unvergleichlichen Théâtre des Trinitaires mit „Au boulot l’ours". Das erste Mal war Südafrika mit Mavani Model Theatre und dem charmanten Stück „Das gierige Zebra“ vertreten.

DÄnemark war vertreten durch Svalegangens Dukketeater. Per Brink Abrahamsen zeigte eine wunderbare Aufführung der Zauberflöte. In ca. 50 Minuten, die komplette Oper. Eine phantastische Szenerie, gute Beleuchtung und Figurenführung und hervorragender Ton. Qualität der 1. Klasse, was natürlich großen Beifall auslöste. Skovbakketeatret mit Vita und Peter Falster zeigten „Elsa, die standhafte Magd„. Eine gute Aufführung eines klassischen deutschen Stückes, das viele Deutsche an ihre Kinderzeit erinnerte. Nicht außergewöhnlich, das viele hinter die Bühne sahen und ihre Papiertheatererinnerungen der Kindheit wach wurden. Gut aufgeführt – von Dänen – und ernteten viel Beifall.

Es gab auch viel Beifall für das “Admiralteatret”, mit H..J. Langenholt und Henrik Erbs, mit dem Stück „Autobahn auf schiefer Bahn“. Ein origineller Text und interessanten Dekorationen in einer neuen Zusammenstellung. Dazu neue Figuren und ein Text, der auf Politiker und das öffentliche System zugeschnitten war. Daher war es von Dirk Reimers richtig, dieses Stück für die Sonderveranstaltung auszuwählen, zu der die Vertreter des öffentlichen Lebens und der Sponsoren eingeladen waren, die das Papiertheatertreffen 2000 unterstützten.

Hier sieht man: das Papiertheater ist kein statisches Phänomen, es dreht sich ausschließlich um sich selbst und seine eigene Vergangenheit. Satire, Humor und raffinierte Szenentechnik lassen keinen Zweifel aufkommen, dass das Papiertheater ohne weiteres neue Wege gehen kann und sich mit der Zeit von Rotkäppchen und Göngehövdingen distanziert. Das kann man wohl sagen.

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